Der Tod kommt per Joystick – Drohnenkrieg

Es geht alles ganz schnell. 
Per Knopfdruck, vom anderen Ende der Welt aus betätigt, eliminieren unbemannte Kampfdrohnen über Pakistan vermeintliche Terroristen. Präzise, sauber und ohne Kollateralschäden. 

Das ist das Bild, das die USA gern vom Einsatz der Kampfdrohnen in den Krisenregionen der Welt zeichnen.

Am Montagabend hat die ARD-Doku „Töten per Joystick“ einen kritischen Blick auf den völkerrechtlich umstrittenen Einsatz geworfen – und auch die Verwicklungen der Bundesrepublik aufgezeigt!

Der Filmemacher John Kantara besucht eine Familie aus Wuppertal, die einen Angehörigen im Drohnenkrieg verloren hat.

Vor über zwei Jahren starb Bünyamin Erdogan in Pakistan, weil er offenbar einen Bekannten hatte, der Hass-Clips ins Internet stellte. Ob Erdogan selbst ein Terrorist war, ist bis heute unklar.

Ein befreundeter Landwirt der Familie erhebt schwere Vorwürfe: Deutsche Behörden hätten den USA Informationen über den jungen Mann zur Verfügung gestellt. Der Staat habe also bewusst den Tod eines Deutschen in Kauf genommen – ohne faires Verfahren, ohne Rücksicht auf Rechtsstaatlichkeit. Das Bundesinnenministerium wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern.

Euro-Hawk-Debakel

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hält trotz des Euro-Hawk-Debakels weiter am Ziel fest, auch die Bundeswehr mit Kampfdrohnen auszustatten. In der ARD-Doku beteuert der CDU-Politiker zwar: „Ein Einsatz, wie ihn die USA im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet führen, kommt für uns nicht in Frage.“

Seit Montag läuft der Euro-Hawk-Untersuchungsausschuss im Bundestag – hierbei handelt es sich zwar um eine Aufklärungsdrohne, doch schon sie bringt den Minister in Bedrängnis.

Nach den ersten Zeugenvernehmungen sieht die Opposition die Verteidigungsstrategie von de Maizière gescheitert. SPD und Grüne warfen dem Minister am Montag vor, sich nicht ausreichend um das wichtige Drohnen-Projekt gekümmert zu haben. Union und FDP wiederum verwiesen auf „Geburtsfehler”, mit denen das Vorhaben schon weit vor der schwarz-gelben Regierungszeit belastet gewesen sei.

Völkerrechtler zweifeln, ob Einsätze mit unbemannten Flugzeugen überhaupt rechtens sein können. „Drohnen sind nur eine Illusion von der sauberen Waffe, die nur ihr genaues Ziel trifft“, sagt der Jurist Michael Bothe.

Der pakistanische Opferanwalt Shazad Akbar berichtet in der Doku von einer 65-jährigen Frau, die auf dem Feld bei der Arbeit abgeschossen wurde.

Nur zwei Prozent der Drohnenopfer seien gefährliche Terroristen, behauptet der Völkerrechtler Stephan Sonnenberg von der Stanford University (Kalifornien). „Die meisten Opfer kennt man gar nicht“, sagt er, es könnten also einfache Zivilisten sein.

Bericht eines Drohnen-Piloten

Was es bedeutet, Menschen vom anderen Ende der Welt aus zu töten, zeigt die Dokumentation eindrucksvoll am Beispiel des ehemaligen Drohnen-Piloten Brandon Bryant. 
Er verfolgte seine Drohneneinsätze vom Bildschirm aus.

„Ich sah Menschen beim Verbluten zu“, erzählt er. „Diese Bilder kann ich nicht vergessen.“ Bryant gelingt es nicht, mit seiner Vergangenheit abzuschließen. „Ich habe das Gefühl meine Menschlichkeit zu verlieren, wenn ich das einfach hinter mir lasse“, sagt er.

Schwer traumatisiert berichtet der Amerikaner von seinem Alltag.

„Ich träume immer noch in den Hitze-Bildern des Bildschirms. Erinnerungen kommen hoch, dann schlafe ich schlecht.“

Die Orden seien ihm egal. „Ich brauche Hilfe, wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Ich kann kein normales Leben mehr führen“, so Bryant.

Trotzdem hält das Bundesverteidigungsministerium an seinen Drohnen-Plänen fest. Um die eigenen Soldaten zu schützen, brauche Deutschland die Waffen, so Minister de Maizière. Dafür setzt die Bundeswehr auf technologische Unterstützung aus den USA und Israel, auch der deutsche Konzern EADS will am Projekt mitverdienen.

2016 könnte es so weit sein. Dann beginnt auch für die Bundeswehr die Ära modernster Kriegstechnik. Ob sauber oder nicht.

 

Quelle: http://www.bild.de/politik/inland/drohne/so-funktioniert-der-schmutzige-krieg-mit-drohnen-31501322.bild.html

Veröffentlicht am 23. Juli 2013 in Politik, Welt und mit , , , , , , , , getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. Hinterlasse einen Kommentar.

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