Archiv der Kategorie: Welt

Der Tod kommt per Joystick – Drohnenkrieg

Es geht alles ganz schnell. 
Per Knopfdruck, vom anderen Ende der Welt aus betätigt, eliminieren unbemannte Kampfdrohnen über Pakistan vermeintliche Terroristen. Präzise, sauber und ohne Kollateralschäden. 

Das ist das Bild, das die USA gern vom Einsatz der Kampfdrohnen in den Krisenregionen der Welt zeichnen.

Am Montagabend hat die ARD-Doku „Töten per Joystick“ einen kritischen Blick auf den völkerrechtlich umstrittenen Einsatz geworfen – und auch die Verwicklungen der Bundesrepublik aufgezeigt!

Der Filmemacher John Kantara besucht eine Familie aus Wuppertal, die einen Angehörigen im Drohnenkrieg verloren hat.

Vor über zwei Jahren starb Bünyamin Erdogan in Pakistan, weil er offenbar einen Bekannten hatte, der Hass-Clips ins Internet stellte. Ob Erdogan selbst ein Terrorist war, ist bis heute unklar.

Ein befreundeter Landwirt der Familie erhebt schwere Vorwürfe: Deutsche Behörden hätten den USA Informationen über den jungen Mann zur Verfügung gestellt. Der Staat habe also bewusst den Tod eines Deutschen in Kauf genommen – ohne faires Verfahren, ohne Rücksicht auf Rechtsstaatlichkeit. Das Bundesinnenministerium wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern.

Euro-Hawk-Debakel

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hält trotz des Euro-Hawk-Debakels weiter am Ziel fest, auch die Bundeswehr mit Kampfdrohnen auszustatten. In der ARD-Doku beteuert Lies den Rest dieses Beitrags

„Wir suchen jetzt den Superpräsidenten“ Ägypten, ein Land zwischen Freudentaumel und Besorgnis

Momentan wird in den ägyptischen Medien und auf der Straße über nichts so heftig diskutiert, wie über die Rolle der Armee beim Sturz von Mursi. In den Jubel über deren Eingreifen mischen sich immer stärker auch kritische Stimmen. Er war immerhin der erste frei gewählte Präsident Ägyptens.

© Hiro Komae/AP/dpa

Ägypter feiern in einer Teestube die Entmachtung von Präsident Mohammed Mursi.Ägypter feiern in einer Teestube die Entmachtung von Präsident Mohammed Mursi.

„Ägypten“, schreit der glatzköpfige Mann durch das heruntergelassene Autofenster. „Ägypten“, schallt es aus fünf heiseren Männerkehlen vom Rücksitz zurück. Die Flagge, die sie aus dem schwarzen Audi strecken, flattert noch einmal im warmen Wind. Dann entschwinden die Männer im Auto in die Ferne. Und sofort umhüllen erneut Freudenschreie und Hupsignale das nächtliche Treiben in Kairo, in der Ferne zerreißt rotes und grünes Feuerwerk den pechschwarzen Himmel. Es ist der Soundtrack des Aufbruchs.

„Wir haben Mursi heute wirklich besiegt“, sagt Nagy Mohammed, ein stämmiger Mann mit schütterem Haar, als könne er es noch immer nicht fassen. Der 42-jährige Ingenieur hockt auf einer Treppenstufe, zieht in kurzen Abständen an einer Zigarette, pustet den Rauch mit geschlossenen Augen in die Luft. Hier, in Zamalek, einem aufgeräumten Stadtteil auf einer Nil-Insel im Zentrum Kairos, bevölkern in dieser Mittwochnacht strahlende Menschen die zahlreichen Cafés, fläzen auf den Bürgersteigen und stimmen auf dem Asphalt und unter Eukalyptusbäumen Lieder wie Let it be an.

Vor wenigen Stunden erst hat das Militär Präsident Mohammed Mursi aus dem Amt gehoben und die politische Kontrolle in Ägypten übernommen. Seither befindet sich ein großer Teil des Landes Lies den Rest dieses Beitrags

Im Krieg verboten – gegen Demonstranten weltweit massiv eingesetzt: Tränengas & Pfefferspray

Im Krieg ist der Einsatz von Oleoresin Capsicum laut Genfer Konvention verboten. Umso erstaunlicher, dass der Wirkstoff im Konflikt zwischen der Polizei und Demonstranten bei Demonstrationen zum Einsatz kommen kann.

Die Tränenindustrie

Rio de Janeiro, Istanbul, Stuttgart: Wenn die Polizei gegen Demonstranten mit Tränengas vorgeht, verdienen Unternehmen mit. Wer sind sie?

© Osman Orsal/Reuters

Der Taskim-Platz in Istanbul, 28. Mai: Die Frau im roten Kleid wurde als "Lady in Red" zur Ikone des Protests.Der Taskim-Platz in Istanbul, 28. Mai: Die Frau im roten Kleid wurde als „Lady in Red“ zur Ikone des Protests.

Eine junge Frau im roten Sommerkleid steht vor einer Wand aus schwer gepanzerten Polizisten. Über die rechte Schulter trägt sie einen weißen Stoffbeutel. Ein Polizist macht einen Schritt auf sie zu, in der Hand eine Sprühpistole, ein Schwall Pfefferspray schießt ihr mitten ins Gesicht.

Lady in Red nennen die Türken die Frau heute,  ihr Bild ist eine Ikone. Geschossen hat das Foto der Reuters-Fotograf Osman Orsal während der Proteste auf dem Taksim-Platz. Ähnliche Bilder sind jetzt in Brasilien zu sehen, wo die Bevölkerung gegen Korruption und Verschwendung aufsteht. Auch hier: Polizisten, die Demonstranten mit Tränengas und Pfefferspray beschießen, um Protestgruppen aufzulösen und die Menge zu demoralisieren. 130.000 Reizgaspatronen soll die türkische Polizei allein in den ersten drei Wochen der Proteste verschossen haben, 100.000 sollen nun nachgekauft werden.
Doch was steckt hinter den Stoffen, die Augen tränen lassen? Die sofort den Drang auslösen, fliehen zu wollen? Wer stellt die Chemikalie her? Lies den Rest dieses Beitrags

China als Vorbild? Zugang zu Inhalten über die geheimen NSA-Dokumente von der US-Army verhindert

   "Guardian"-Website: US-Soldaten bekommen nicht alle Artikel angezeigt Zur Großansicht

„Guardian“-Website: US-Soldaten bekommen nicht alle Artikel angezeigt

Die US-Armee verhindert in ihrem Netzwerk den Zugriff auf „Guardian“-Artikel: Die Enthüllungen über geheime Internetüberwachung sind für die Soldaten gesperrt. Es ist nicht das erste Mal, dass die Armee den Zugang zu Medienseiten kappt.

Die Heeresleitung der US-Streitkräfte setzt Netzsperren ein, um die eigenen Soldaten davon abzuhalten, sich über den Prism-Skandal zu informieren. Dafür hat die US-Armee den Zugang zu Teilen der „Guardian“-Website für die eigenen Soldaten gesperrt, meldet der „Monterey Herald“. Mitarbeiter des Militärstützpunktes hatten der Lokalzeitung gesteckt, dass Seiten gesperrt wurden, nachdem das Portal diverse Geschichten über das Spionageprogramm Prism der National Security Agency (NSA) veröffentlicht hatte.

 

Ein Sprecher des Army Network Enterprise Technology Command (Netcom) bestätigte dem „Monterey Herald“ per E-Mail, dass „einige Zugänge zu Presseberichten blockiert worden seien, die Inhalte über die geheimen NSA-Dokumente veröffentlicht hatten“. Und zwar in allen Militärstützpunkten der US-Armee, nicht nur in der kalifornischen Stadt Monterey.

Netcom ist dafür verantwortlich, dass das Computernetzwerk der Streitkräfte gegen Angriffe geschützt wird, unter anderem gegen Hackerattacken. Doch offenbar wird dort auch der Zugang zu unbequemen Geheimdokumenten verhindert. Selbst dann, wenn sie längst überall auf der Welt veröffentlicht worden sind. Dem Netcom-Vertreter zufolge sei die Sperrung der Seiten eine Maßnahme zur „Netzwerk-Hygiene“. Man versuche alles, um die Balance zwischen dem Zugang zu Informationen und dem Betriebsschutz zu finden, sagte der Netcom-Sprecher dem „Monterey Herald“.

Der Whistleblower Edward Snowden hatte dem „Guardian“ die Geheimdokumente über das Überwachungsprogramm der NSA übergeben. Seither berichten etliche Medien über den Prism-Skandal. Die britische Zeitung hat in den vergangenen Wochen neue Details über das Geheimprojekt der US-Regierung veröffentlicht. Der „Guardian“ berichtet auf der eigenen Website bisher nicht über die Netzsperre. Chefredakteur Alan Rusbridger verschickte den Link auf die Nachricht aber über Twitter.

Es ist nicht das erste Mal, dass US-Soldaten von der Berichterstattung über geheime Dokumente der US-Regierung ausgesperrt werden. Im Dezember 2010 blockierte die US-Luftwaffe ebenfalls den „Guardian“, genau wie die Nachrichtenportale „New York Times“, „Le Monde“ und SPIEGEL ONLINE. Der Grund: Den Soldaten sollte der Zugang zu den US-Diplomatendepeschen verweigert werden, die WikiLeaks veröffentlicht hatte. Die US-Armee wurde damals in den Medien heftig für die Maßnahme kritisiert.

 

Quelle: Spiegel online

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/us-armee-sperrt-zugang-zu-guardian-artikeln-a-908334.html

 

„Proteste in der Türkei: „Erdogans Zeit ist vorbei“

Die Türkei steht vor großen Veränderungen. Junge Menschen ohne Angst vor der Staatsmacht treten für Demokratie ein.

Ein Gespräch mit der Schriftstellerin Sema Kaygusuz.
Foto: afp
"Proteste in der Türkei: „Erdogans Zeit ist vorbei"Die Türkei steht vor großen Veränderungen. Junge Menschen ohne Angst vor der Staatsmacht treten für Demokratie ein. Ein Gespräch mit der Schriftstellerin Sema Kaygusuz. Mehr unter: http://www.fr-online.de/tuerkei/proteste-in-der-tuerkei--erdogans-zeit-ist-vorbei-,23356680,23511798.html / Foto: afp

Nelson Mandela: Lungenentzündung mittlerweile lebensbedrohlich

Der Zustand von Nelson Mandela hat sich seinen Ärzten zufolge erheblich verschlechtert. Die Lungenentzündung, mit der der 94-Jährige kämpft, sei lebensbedrohlich.

© Kim Ludbrook/epa/dpa

Nelson MandelaNelson Mandela

Südafrika bangt um seine Freiheitsikone. Nelson Mandela sei in Lebensgefahr, teilte Präsidentensprecher Mac Maharaj mit. Mediziner hatten Präsident Jacob Zuma demnach bei einem Besuch am Krankenbett des 94-Jährigen informiert. Der Zustand des Friedensnobelpreisträgers, der wegen einer Lungenentzündung im Krankenhaus liegt, habe sich in den vergangenen 24 Stunden verschlechtert.

„Die Ärzte tun alles ihnen Mögliche, damit sich sein Zustand verbessert, und sie versichern, dass Madiba gut betreut wird und sich wohlfühlt. Er ist in guten Händen“, erklärte Zuma. Madiba ist der Clanname Mandelas.

Mandela war vor rund zwei Wochen in das Krankenhaus eingeliefert worden. Vergangene Woche hatten Präsident Zuma und Angehörige Mandelas den Zustand des 94-Jährigen als stabil bezeichnet. Ihm gehe es wieder etwas besser, hieß es noch vor wenigen Tagen, er spreche auf die Behandlung an. Eine Zeitung hatte sogar unter Berufung auf seinen Enkel gemeldet, dass er bald aus dem Krankenhaus entlassen werden solle. Für den ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas ist es bereits der vierte Krankenhausaufenthalt seit Dezember.

Mandelas Lungenprobleme reichen bis in seine Zeit als politischer Gefangener zurück, als er an Tuberkulose erkrankt war. Wegen seines Kampfes gegen das rassistische Apartheidsystem hatte er 27 Jahre lang in Haft gesessen. 1990 kam er frei und wurde vier Jahre später nach den ersten freien Wahlen erster schwarzer Präsident Südafrikas. Damit war das Ende des Apartheid-Regimes besiegelt. Als Staatschef trat Mandela 1999 zurück. Seinen letzten öffentlichen Auftritt hatte er 2010 beim Finale der Fußballweltmeisterschaft in Johannesburg.

 

Quelle: ZEITonline

Asyl in Ecuador: prism-Enthüller Snowden hofft auf Unterschlupf bei seiner Flucht, USA interveniert

Bild:wikimedia

Bild:wikimedia

Flüchtiger Prism-Enthüller Edward Snowden beantragt Asyl in Ecuador

Der Prism-Enthüller Edward Snowden baut bei seiner Flucht vor den amerikanischen Behörden auf die Hilfe Ecuadors. Wie der Außenminister des Landes mitteilte, hat der ehemalige NSA-Mitarbeiter einen Asylantrag gestellt. Die USA forderten Ecuador und andere Staaten auf, Snowden abzuweisen.

Nach seiner Flucht aus Hongkong sucht der frühere Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden offenbar im südamerikanischen Ecuador Schutz vor der Strafverfolgung durch die US-Behörden. Snowden habe Asyl in Ecuador beantragt, teilte der Außenminister des Landes, Ricardo Patiño, per Twitter mit. Snowden hatte am Sonntag Hongkong verlassen, wo er nach seinen Enthüllungen über das Spähprogramms des US-Geheimdienstes NSA Ende Mai abgetaucht war. Neue Enthüllungen Snowdens, unter anderem über ein beispielloses britisches Spähprogramm, sorgten am Wochenende zusätzlich für Aufregung.

Snowden war am Sonntag offiziell nicht bestätigten Berichten zufolge nach Moskau geflogen. Nach Darstellung seines Anwaltes vor dem Flug nach Russland zur Ausreise aus Hongkong aufgefordert. Ein Mann habe sich bei Snowden gemeldet und angegeben, die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone zu vertreten, sagte Albert Ho am Montag vor Journalisten. Dieser habe gesagt, Snowden könne Hongkong verlassen und sollte dies auch tun. „Das ist ein sehr ungewöhnlicher Vorgang“, sagte Ho, der auch Abgeordneter im Regionalparlament ist.

Die US-Regierung kritisierte die Ausreisegenehmigung Hongkongs für den sogenannten „Whistleblower“ Snowden. Es sei „enttäuschend“ und „beunruhigend“, dass die Behörden in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong dem Auslieferungsantrag der USA nicht nachgekommen seien, erklärte das US-Justizministerium am Sonntag (Ortszeit).

Die USA forderten Ecuador Medienberichten zufolge auf, Snowden kein Asyl zu gewähren. Washington habe auch Venezuela und Kuba gebeten, den 30-jährigen Geheimdienstspezialisten abzuweisen, berichtete der TV-Sender CNN unter Berufung auf einen hohen Regierungsbeamten. Die Länder sollten Snowden ausweisen, falls er dort einreisen sollte. Zudem hätten die USA Snowdens Pass annulliert, berichtete CNN am Sontag unter Berufung auf eine andere Quelle, die mit dem Fall vertraut sei.

Bei seinem Flug nach Moskau am Sonntag war Snowden Wikileaks zufolge von Rechtsexperten der Enthüllungsplattform und einem nicht näher genannten Diplomaten begleitet worden. Am Flughafen in Moskau warteten Fahrzeuge der ecuadorianischen Botschaft. Ecuadors Botschafter hatte gesagt, er wolle sich noch am Abend mit Snowden treffen. Snowden würde sich damit in die gleichen Hände begeben wie der Wikileaks-Gründer Julian Assange.

Wikileaks zufolge ist Snowden mittlerweile „über einen sicheren Weg unterwegs nach Ecuador, um Asyl zu bekommen“. Die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass berichtete dagegen, dass Snowden am frühen Montagmorgen noch immer im Transitbereich des Moskauer Flughafens sei. Dort warte er auf einen Flug nach Havanna. „Er hat die Grenzkontrolle noch nicht durchquert, das heißt, die Grenze noch nicht überschritten“, zitierte die Agentur aus Sicherheitskreisen.

In Russland liegt nichts gegen Snowden vor

Russische Nachrichtenagenturen hatten unter Berufung auf die Fluggesellschaft Aeroflot gemeldet, Snowden wolle am Montag über Havanna in die venezolanische Hauptstadt Caracas weiterfliegen. Ein Vertreter der russischen Sicherheitskräfte sagte der Nachrichtenagentur RIA Nowosti, in Russland liege nichts gegen Snowden vor, und es gebe keine Anweisung ihn festzunehmen.

Am Freitag hatte die US-Justiz den 30-Jährigen offiziell der Spionage beschuldigt, einen Haftbefehl ausgestellt und die Auslieferung verlangt. Die Behörden von Hongkong, wo Snowden seit Ende Mai untergetaucht war, hatten nach seiner Abreise erklärt, es habe keine ausreichende rechtliche Grundlage für eine Verhaftung gegeben.

Quelle und Bearbeiter: Süddeutsche.de/AFP/Reuters/mane/mahu

WikiLeaks: „Snowden auf Weg nach Ecuador“

Die Enthüllungsplattform WikiLeaks hatte unterdessen auf Twitter erklärt, sie habe Snowden dabei geholfen, politisches Asyl in einem „demokratischen Land“ zu erhalten. Für die Angaben von WikiLeaks, wonach der Brite sich am Sonntagabend bereits auf der Weiterreise in das südamerikanische Land befinde, gab es jedoch bislang keine offizielle Bestätigung.

Sollte Snowden tatsächlich nach Ecuador weiterreisen, würde er sich damit in die gleichen Hände begeben wie WikiLeaks- Gründer Julian Assange. Assange, der in Schweden wegen einer Sexualstraftat vernommen werden soll, hat sich vor längerer Zeit in London in die ecuadorianische Botschaft geflüchtet. Die britische Regierung lässt ihn aber nicht nach Ecuador ausreisen. Die Enthüllungsplattform hatte zahllose Dokumente über die Aktivitäten von US- Geheimdienste und Diplomaten enthüllt.

Wie Krone.at berichtet, ist Peking ernsthaft besorgt über die Spähattacken:

Bild:krone.at

Foto: GUARDIAN/GLENN GREENWALD/LAURA POITRAS/AP

Unterdessen zeigte sich die Regierung in Peking angesichts der von Snowden aufgedeckten US- Spähattacken gegen China am Sonntag „ernsthaft besorgt“. Die „South China Morning Post“ hatte bereits vor einigen Tagen unter Berufung auf Snowden berichtet, die US- Behörden zapften chinesische Mobilfunkanbieter an und hätten schon Millionen SMS- Daten gesammelt. Wie nun bekannt wurde, seien US- Spione überdies ins System der renommierten Tsinghua Universität in Peking eingedrungen, über das ein Großteil der chinesischen Internetkommunikation läuft. Auch der asiatisch- pazifische Glaskabelnetzbetreiber Pacnet sei gehackt worden.

Tsinghua- Universität betreibt großes Netzwerk

Mit den Angriffen auf die Tsinghua- Universität in Peking zielte der Abhördienst auf eines der sechs großen Netzwerke des Landes, das Bildungs- und Forschungsnetzwerk CERNET, das dort angesiedelt ist. Es war einst das erste Internet- Netzwerk in China und hat sich zum größten Forschungsnetz entwickelt. Bei dem jüngsten Angriff im Jänner seien allein an einem Tag mindestens 63 Computer und Server der Universität gehackt worden, berichtete Snowden. Er beschrieb die Angriffe als umfassend und intensiv.

Der Abhördienst habe auch Mobilfunkanbieter in China angegriffen, um SMS- Kurznachrichten abzufangen, wird Snowden von der Zeitung zitiert. Kurznachrichten über Handy sind in China ein besonders beliebtes Kommunikationsmittel. Im vergangenen Jahr wurden nach offiziellen Angaben fast 900 Milliarden SMS verschickt. Zuvor hatte der Ex- Geheimdienstmitarbeiter schon enthüllt, dass auch die chinesische Universität in Hongkong angegriffen worden sei, die die Zentrale des Internetverkehrs in der Hafenmetropole ist.

USA forderten Auslieferung

Die USA haben Snowden unterdessen wegen Spionage angeklagt und forderten seine Festnahme in Hongkong sowie seine Auslieferung. Die US- Behörden haben nach Berichten des Senders CNN vom Samstag bereits Kontakt mit den Behörden in Hongkong aufgenommen. Der Chef der Polizeibehörde, Andy Tsang Wai- hung, wollte nicht sagen, wie sich die Behörden verhalten werden. Er äußere sich nicht zu einzelnen Fällen, zitierte ihn der Hongkonger Rundfunk RTHK. Die ehemalige britische Kronkolonie und heutige chinesische Sonderverwaltungsregion habe ihr eigenes Rechtssystem, sagte der Polizeichef lediglich.

Angesichts jahrelanger Vorwürfe der USA, dass chinesische Hacker in Netzwerke und Computer in den Vereinigten Staaten eindringen, hatte die Regierung in Peking immer beteuert, dass China selbst Opfer groß angelegter Computerspionage sei. Die Enthüllungen Snowdens stützten die chinesische Argumentation, weil plötzlich die USA als Täter dastünden, meinten Diplomaten in Peking.

Quelle: krone.at/ AG/red

Zwei Wochen Taksim von Özlem Gezer

Gezer Zur Großansicht

Carsten Koall/ DER SPIEGEL/Gezer
21.06.2013  | Von Özlem Gezer

Ich bin seit zwei Wochen in Istanbul und berichte über die Proteste in der Stadt. Als ich ankam, war der Taksim-Platz und der anliegende Gezi-Park noch „besetzte Zone“ der Demonstranten. Sie hatten alle anliegenden Straßen mit Barrikaden versperrt, ihre eigenen Sicherheitskräfte bestimmt und schützten ihre neu errichteten Stadtmauern. Im Herzen ihrer Proteststadt, also um den Gezi-Park, lief ich durch eine Art Demokratie-Museum, so fühlte es sich jedenfalls an. Linksradikale sorgten hier gemeinsam mit Nationalisten für die Sicherheit. Transvestiten liehen antikapitalistischen Muslimen ihre Decken. Wohlstandskinder gaben Essen aus für Obdachlose, die sie sonst wegscheuchen. Ich war schnell begeistert von dem geschlossenen Mikrokosmos der hier entstanden war, mit einer Konditorei im Zelt, einem Krankenhaus, Apotheke und Kindergarten, sogar Yoga-Stunden gab es. „Republik Capulcu“ – Plünderer, so hatte sie Erdogan getauft.

Ich habe selten bei einer Recherche so intensiv über Nähe und Distanz im Journalismus nachgedacht, mich an den Satz von Hanns Joachim Friedrichs erinnert, dass man sich als Journalistin nie gemein machen sollte mit einer Sache – selbst wenn man sie für eine gute Sache hält. Immerhin haben sie hier einen rechtsfreien Raum geschaffen, hatten Polizeiautos verbrannt, die Busse der Stadt zu Barrikaden umgebaut.

Die ersten Tage verbrachte ich 20 Stunden am Tag im Camp, manchmal mehr. Am fünftenTag nach meiner Ankunft in der Republik Capulcu war ich im Zelt der antikapitalistischen Muslime, am Eingang des Camps. Plötzlich rollten die Wasserwerfer und Bodentrupps auf den Taksim-Platz. Sie schossen Gasgranaten, jagten Demonstranten und sagten immer wieder, den Park werden wir nicht angreifen. Seid beruhigt. Über dem Park schwebten jetzt Gaswolken. Ich hatte keine Maske dabei, wir bekamen keine Luft, flohen Richtung Krankenhaus im Zeltlager. Jedes mal wenn es dumpf knallte, wurden danach Verletzte hineingetragen, auf einfachen Plastikplanen. Frauen mit schwersten Augenverletzungen, Männer mit verbranntem Oberkörper. Ich fühlte mich auch angegriffen. Ich sah jetzt jungen Polizisten bei ihrer Arbeit zu, wie sie mit der bloßen Hand Gas-Kartuschen in das Camp schleuderten. Das Camp, das sie nicht angreifen wollten.

Die Fronten waren geklärt, Distanz hin oder her, ich war jetzt auch ein Capulcu. Ich floh vor der Polizei, wurde fast festgenommen. Dieser Angriff war so unverhältnismäßig wie die Räumung, die dann wenige Tage folgte. Viel gewaltvoller, mit viel mehr Verletzten. Ich war unfassbar wütend. Auf Erdogan, der den Platz hier zu seiner Theaterbühne umfunktioniert hatte um dem Land seine Macht zu demonstrieren. Ich war wütend auf die türkische Presse, die das Thema einfach nicht richtig begleitete. Umso offener waren die Menschen der deutschen Presse gegenüber. Sie bedankten sich, dass wir sie nicht vergessen, dass wir hier sind. Ich hatte mit Kollegen jetzt eine Art Redaktionszimmer in unseren Hotelzimmern eingerichtet. Felix Dachsel schrieb für stern.de und „11Freunde“ und mit Deniz Yücel für die „taz“. Wir trafen auch Lenz Jacobsen von der „Zeit“.

Gemeinsam schrieben wir die Nächte durch. Diejenigen, die bislang nicht twitterten, so wie ich, fingen jetzt damit an. Wir mussten unsere Eindrücke einfach loswerden, schnell und unmittelbar. Nachdem ich zwei Wochen lang mit den Protestlern am Taksim-Platz verbracht hatte, besuchte ich gestern das erste Mal meinen Onkel. Er ist ein großer Erdogan-Fan. Er erklärte mir, dass ich vielleicht zu lange im Camp war, dass die Menschen dort aber nicht die Türkei repräsentierten. Mein Vater saß derweil in Hamburg und sprach von Revolution gegen den Sultan. Mein Cousin schlief im Protestzelt.

In der am Wochenende erscheinenden nächsten Ausgabe des SPIEGEL werde ich ausführlich beschreiben, wie dieser Konflikt auch meine Familie spaltet.

 

Quelle: http://shortr.de/gezer

Art Basel: „Erlaubt ist nur, was kontrolliert werden kann“ – oder das Ende eines Happenings durch Gummigeschosse und Tränengas

Polizei räumt auf mit der Kunstidylle

Polizisten in Kampfmontur räumen den Messeplatz: Screenshot aus dem Video der Schweizer Wochenzeitung „TagesWoche“ (© Tageswoche.ch)

POLIZEI RÄUMT AUF MIT DER KUNSTIDYLLE

Eine Protestaktion gegen das „Favela-Cafe“ der Art Basel auf dem Messeplatz wurde von der Polizei mit Tränengas und Gummigeschossen geräumt. Ein Kommentar von Gerhard Mack.
// GERHARD MACK

Die Bilder waren in kürzester Zeit im Internet: Ein Truppe hochgerüsteter Polizisten in Kampfmontur und mit Schutzschilden stürmte auf den Basler Messeplatz, verschoss Tränengas und Gummigeschosse und räumte ein paar Holzhütten, die im Laufe des Tages errichtet worden waren. Ähnliche Gesten hatte man unter der Woche bei CNN aus Istanbul gesehen. Waren das wirklich Bilder aus Basel? Da feierte doch die Kunstwelt ihr rauschendes Fest. Was war geschehen?

Die Messe hatte Tadashi Kawamata eingeladen, zur Art Basel ein paar seiner bekannten Holzhütten auf den Messeplatz zu bauen. Sie bildeten ein wohlfeiles Gegengewicht zum coolen Neubau von Herzog & de Meuron und boten erst noch die Gelegenheit, ein Café einzurichten, das den Platz belebte und Besuchern der Kunstmesse eine Ruhepause ermöglichte. Dass das ganze offiziell als „Favela-Café“ firmierte, wurde je nach Gemütslage von Besuchern als arroganter Zynismus der abgeschotteten globalen Kunstwelt oder als Angebot zur Diskussion über Stadtraumgestaltung, Architektur, Armut und Reichtum bewertet.

Ein paar Kunstaktivisten nahmen die Idee zum Anlass, ihre eigenen Favela-Hütten aufzubauen. Favelas in der realen Welt wachsen schließlich auch. Eine Erweiterung war gewissermaßen ein organischer Akt auch in der Kunst. Das geschah weitgehend unter dem neugierigen Wohlwollen der Art-Aficionados. Da lief etwas, die Spontaneität der jungen Leute war wohl ansteckend. Eine Art Kunsthappening, das auf die bestehende Struktur reagierte und Diskussionen anregen wollte. Die Art Basel willigte in die Aktion ebenso ein wie der realisierende Architekt vor Ort, man einigte sich gemeinsam auf ein Zeitlimit von 17 Uhr.

Im Laufe des Abends veränderte sich der Charakter der Intervention in Richtung Party. Es gab Musik und Gegrilltes. Gegen Abend wuchs die Gruppe von rund 20 Aktivisten auf 100 Teilnehmer an, die Zusammensetzung änderte sich. Es ging nicht mehr um ein kulturelles Projekt. Man tanzte. Es war laut, aber friedlich.

Die Messe Schweiz gab sich konziliant, verlängerte mehrmals das Ultimatum. Um 21 Uhr stellte sie dann einen Strafantrag wegen Hausfriedensbruch und Belästigung. Eine Stunde später rückte die behelmte Polizeitruppe an. Die meisten Feiernden zogen sich schnell zurück, einige wenige warfen Flaschen, Stühle und Farbbeutel. „Die Versuche seitens MCH Messe Basel eine gemeinsame und gütliche Lösung zu finden, konnten nicht umgesetzt werden“, begründet die Messe ihre Anzeige. Sie ist für die Sicherheit des Platzes verantwortlich und habe später nicht gewusst, mit wem sie es zu tun hatte.

Das mag rechtlich so sein. Ungeschickt war der Schritt aber allemal. Gefeiert wird in Städten immer mal laut und verbotenerweise. Da hilft es nicht, die Polizei stürmen zu lassen. Und verloren hat dadurch vor allem die Art Basel. Was ein großes Fest der Gegenwartskunst hätte sein können, ist nun mit hässlichen Bildern der Gewalt verknüpft. Die Kunstwelt schreibt sich gerne Toleranz auf ihre Fahnen. Da sollte es auch möglich sein, dass ihre Akteure sie für ein paar Stunden selbst praktizieren. Sonst setzen sie sich dem Verdacht aus, dass nur erlaubt ist, was sie kontrollieren können. Kein Wunder, dass Dorothee Dines, die Pressesprecherin der Art Basel, sagt: „Wir bedauern sehr, was passiert ist.“ Sie weiß, dass auch eine große Marke schnell beschädigt ist.

 

Veröffentlicht am 14.06.2013

Ein kluger Mann…

Bildquelle: Archiv

Bildquelle: Archiv